Vor Kurzem beobachtete ich in einem Supermarkt eine Szene, die mich beschäftigt hat.
Eine Mutter schob ihr kleines Kind im Buggy durch die Gänge. Der Junge gab immer wieder laute, fordernde Laute von sich – nicht weinend, nicht trotzig, einfach laut und präsent. Die Mutter aber reagierte nicht. Kein Blick, kein Wort, keine kleine Geste der Resonanz. Nur Stille.
Ich sehe solche Situationen häufig – in Geschäften, auf Spielplätzen, in Cafés. Eltern sind körperlich anwesend, aber innerlich oft woanders.
Das ist erschütternd, wenn man bedenkt, dass Kinder mit dem tiefen Bedürfnis nach Resonanz auf die Welt kommen. Sie wollen gesehen, gehört, gespürt werden. Wenn ein Baby Laute von sich gibt, testet es: „Bin ich da? Nimmst du mich wahr?“ In diesen Momenten beginnt Beziehung. Und Beziehung ist die Grundlage von Erziehung – nicht umgekehrt.
Wenn Eltern in solchen Augenblicken nicht reagieren, bedeutet das für das Kind nicht einfach „Mama hat gerade keine Zeit“, sondern oft unbewusst: „Ich komme nicht durch. Meine Welt bleibt still.“
Diese frühen Erfahrungen prägen tief, wie Kinder später mit ihren eigenen Gefühlen, Bedürfnissen und Grenzen umgehen. Aber ich weiß auch, dass viele Eltern nicht aus Gleichgültigkeit, sondern aus Erschöpfung und Reizüberflutung nicht mehr wirklich in Resonanz gehen.
Termindruck, Lärm, Smartphones, ständige Erreichbarkeit – all das überfordert unser Nervensystem. Wenn wir selbst innerlich leer oder überreizt sind, können wir kaum noch feinfühlig wahrnehmen, was unser Kind uns gerade mitteilen möchte.
Doch genau diese kleinen Momente – der Blickkontakt, ein kurzes „Ich höre dich“, ein Lächeln oder eine kleine Berührung – wären die Bausteine sicherer Bindung 💚.
Ein Kind, das erlebt, dass seine Laute, Gefühle oder Impulse gesehen werden, lernt:„Ich darf sein. Ich habe Einfluss. Ich kann mich ausdrücken.“ Es entwickelt Selbstwirksamkeit – eine der wichtigsten Grundlagen für emotionale Stabilität und Empathie.
Kinder, die dagegen häufig auf „innere Stille“ treffen, lernen eher, sich zurückzuziehen oder noch lauter zu werden, um überhaupt wahrgenommen zu werden. Das ist kein Zeichen schlechter Erziehung, sondern ein Hilferuf nach Beziehung.
Die Lösung wäre gar nicht schwer: Es sind die die kleinen, bewussten Schritte, die einen großen Unterschied machen:
• 👁️ Augenkontakt – kurz hinsehen, ein Lächeln schenken.
• 🗣️ Verbales Spiegeln – „Du bist heute ganz schön laut unterwegs!“ oder „Ich höre dich, mein Schatz.“
• 📵 Digitale Pausen – Supermarkt, Esstisch oder Spaziergang als Kommunikationsraum statt Ablenkungszeit.
• 💬 Echte Gespräche – statt ständiger Korrektur lieber echtes Interesse zeigen.
♥️Erziehung beginnt mit Beziehung♥️
Kinder brauchen keine Perfektion, sondern Präsenz. Keine ständige Kontrolle, sondern ehrliche, lebendige Beziehung.
Wenn Eltern lernen, mitzuschwingen statt nur zu reagieren, entsteht aus Alltagsmomenten echte Verbindung. Und genau darin liegt der Ursprung jeder Erziehung – im gesehen und gehört werden.
Fazit
Kinder müssen nicht leise sein, um „gut erzogen“ zu wirken. Aber sie brauchen Erwachsene, die zuhören – auch zwischen den Lauten.